american gods by Neil Gaiman

american gods by Neil Gaiman

Autor:Neil Gaiman
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2011-01-08T23:00:00+00:00


Abends saß Shadow am Küchentisch und versuchte nachzuvollziehen, wie man einen Silberdollar in einen Penny verwandelte. Es handelte sich um einen Trick, auf den er in Sensationelle Salonzaubereien gestoßen war, aber die Anleitung machte ihn wahnsinnig, weil sie undeutlich und deshalb wenig hilfreich war. Formulierungen wie »Lassen Sie den Penny anschließend auf die übliche Weise verschwinden« kamen in beinahe jedem Satz vor. Was war, fragte sich Shadow, in diesem Zusammenhang »die übliche Weise«? Französisches Fallenlassen? In den Ärmel schnippen? »O mein Gott! Achtung, ein Berglöwe!« schreien und die Münze in die Seitentasche stecken, während die Aufmerksamkeit des Publikums abgelenkt war?

Er warf den Silberdollar in die Luft und fing ihn wieder auf, während er kurz an den Mond und an die Frau dachte, von der er den Silberdollar bekommen hatte, dann versuchte er sich an der Illusion. Es schien nicht zu funktionieren. Er ging ins Bad, um es vor dem Spiegel zu probieren, und fand seine Vermutung bestätigt: Der Trick, so wie er beschrieben war, funktionierte einfach nicht. Seufzend steckte er die Münzen wieder in die Tasche und ließ sich auf dem Sofa nieder. Er breitete den billigen Überwurf über den Beinen aus und schlug die Protokolle des Stadtrats von Lakeside, 1872-1884 auf. Die zweispaltig gedruckte Schrift war so klein, dass man sie kaum entziffern konnte. Er blätterte ein bisschen herum und sah sich die Reproduktionen von Fotografien aus der betreffenden Zeit an, die mehrere Inkarnationen des Stadtrats von Lakeside abbildeten: lange Backenbärte, Tonpfeifen, ramponierte und blank gewetzte Hüte, darunter Gesichter, die ihm oft seltsam vertraut vorkamen. Ohne große Überraschung stellte er fest, dass der beleibte Schriftführer des Stadtrats von 1882 ein gewisser Patrick Mulligan gewesen war: Rasierte man ihn und ließ ihn zwanzig Pfund abnehmen, konnte er gut für Chad Mulligan durchgehen, seinen – was? Ururenkel? Shadow forschte, ob auch Hinzelmanns Pioniergroßvater irgendwo abgebildet war, aber anscheinend war dieser kein geeigneter Mann für den Stadtrat gewesen. Shadow meinte, er hätte den Namen Hinzelmann irgendwo im Text auftauchen sehen, als er von Foto zu Foto geblättert hatte, aber als er jetzt zurückblätterte, fand er die Stelle nicht wieder. Die kleine Schrift tat allmählich seinen Augen weh.

Er legte das Buch auf der Brust ab und merkte, dass er schläfrig war. Es wäre töricht, auf dem Sofa einzunicken, befand er nüchtern. Das Schlafzimmer war nur wenige Meter entfernt. Andererseits würden das Schlafzimmer und das Bett auch in fünf Minuten noch da sein, und überhaupt, er hatte gar nicht die Absicht zu schlafen, er wollte nur mal eben die Augen ein bisschen ausruhen …

Tosende Dunkelheit.

Er stand auf freier Ebene. Neben ihm war die Stelle, aus der er einst hervorgekrochen war, aus der ihn die Erde herausgepresst hatte. Immer noch fielen Sterne vom Himmel, und aus jedem Stern, der die rote Erde berührte, wurde ein Mann oder eine Frau. Die Männer hatten langes schwarzes Haar und hohe Wangenknochen. Die Frauen sahen alle aus wie Marguerite Olsen. Es waren die Sternenmenschen.

Sie sahen ihn mit dunklen, stolzen Augen an.

»Erzählt mir von den Donnervögeln«, sagte Shadow. »Bitte. Nicht um meinetwillen.



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